Analyse Deutschland im Kreuzfeuer zwischen Trump und der Ukraine – und die Altparteien zwischen BSW und AfD
Eine gute Demokratiesimulation, die nicht als Diktatur des Kapitals erscheinen will, kommt eben ohne politische Sündenböcke nicht aus. Perfekt in diesem Sinne ist es, wenn diese als Blitzableiter wirken und zugleich nicht wirklich schaden. Denn wer wirklich am System zu rütteln gedachte, ist entweder in der Versenkung verschwunden, zur Kleinstgruppe geschrumpft oder von der “bürgerlichen Mitte” assimiliert. Das traf schon einige: Gewerkschaften, Friedensbewegung und Parteien wie SPD, Grüne und Die Linke.
Das ist kein Wunder: Der Kapitalismus produziert bereits aus sich heraus finanzielle Abhängigkeitsverhältnisse ohne Ende. Wer Geld braucht, passt sich an, wer schon viel hat, kommt nicht von unten. Die Frontlinie gegen den Klassenkampf von oben ist unbesetzt, was bleibt, ist die Konkurrenz aus den eigenen Reihen. Kapitalinteressen sind schließlich nicht homogen. Verkürzt könnte man sagen: Heute stehen auf der großen politischen Bühne National-Konservative gegen Neoliberale und umgekehrt, die beide, wie praktisch, an den Herrschaftsverhältnissen nicht rütteln.
Wacklige Opposition auf NATO-Kurs
Die Konkurrenz, die Chancen auf einen Einzug in den Bundestag bei den Mitte Februar anvisierten Neuwahlen hat, besteht nunmehr aus zwei Parteien: AfD und BSW. Beide positionieren sich als Gegner der Waffenlieferungen in die Ukraine und als Befürworter von Verhandlungen mit Russland. Immerhin, denn “ohne Frieden ist alles nichts”, wie Willy Brandt vor über 40 Jahren einst betonte, als in seiner SPD noch ein paar Sozialdemokraten waren.
Man kann das nur pragmatisch sehen. Die AfD erscheint dabei als Wackelkandidatin: Im Bundestag sprach sie sich für noch mehr Aufrüstung Deutschlands und weniger Kontrolle der Rüstungsexporte aus.
Die Wehrpflicht will sie wie die CDU und große Teile der Ex-Ampel so schnell wie möglich wiederbeleben. Auch stimmte sie der NATO-Osterweiterung in Richtung Schweden und Finnland zu.
Sie forderte zudem mehr Waffenlieferungen nach Israel und votierte für die Bundestagsresolution “gegen Antisemitismus”, die allerdings vor allem dazu dient, Kritik an Israel politisch zu verfolgen.
Dass die AfD weitgehend auf NATO-Linie ist, belegt auch ihr Parteiprogramm. Mit Deutschlands Mitgliedschaft in diesem imperialistischen Militärbündnis des Westens unter US-Führung hat sie demnach kein Problem, würde lediglich die Positionen Deutschlands darin stärken, wenn sie könnte. Das alles, zusammen mit diversen Sozialabbau-Fantasien, stimmt bestens mit dem politischen Kurs der “Mitte-Parteien” überein. Man kann nun sagen: Immerhin, sie möchte zumindest keine Waffen mehr in Richtung Ukraine exportieren.
Wiederbelebte Sozialdemokratie gegen Krieg
Um von der Propagandafront des neoliberalen, also rechten Parteienklüngels als ultrarechtes Übel dargestellt zu werden, ist das bereits genug. Man kennt das nun seit Jahren. Doch längst hat die AfD hier Konkurrenz bekommen, die sie als Oberbösewicht zu überholen droht, vielleicht sogar schon überholt hat: das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), weniger auf NATO-Kurs als die AfD, dazu ein bisschen sozialdemokratische Sozialpolitik im Gepäck.
Nichts lassen die Leitmedien unversucht, um die BSW-Namensgeberin Sahra Wagenknecht zu diskreditieren. Jüngst sorgte beispielsweise ein Foto für Wirbel, das sie laut Münchner Merkur mit “der Tochter von Putins Ziehvater” zeigt. Blöderweise sprang die neue Partei über dieses Stöckchen und rechtfertigte sich auf der Plattform X: “Was für ein Quatsch”, schrieb das BSW. Das sei nur ein zufälliges Selfie gewesen.
Neue Umfrage: FDP profitiert nicht vom Ampel-Aus
Mit einer Seifenoper “in den Merz”
Solange die Reste-Ampel noch aushalten muss, wird die Seifenoper weitergehen, auch um die Illusion einer “demokratischen Richtungsentscheidung” durch die Neuwahl nicht zu gefährden. SPD und Grüne können nun nach Lust und Laune noch ein paar Gesetzesentwürfe einbringen, ohne eine Umsetzung befürchten zu müssen – was sie früher der FDP in die Schuhe schieben konnten.
Die Medien werden zur Publikumsbelustigung diverse Schandhüte verteilen, mal diese, mal jene Person als Übeltäter verorten und “gescheiterte Beziehungen” aufarbeiten: zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz und FDP-Ex-Finanzminister Christian Lindner, Wirtschaftsminister Habeck und Lindner und so weiter. Und noch darf sich Letzterer sogar “etwas cooler als Merz” finden.
Klar ist schon jetzt: Mit dem Abtritt der Ampel wird die durch Sozialabbau finanzierte Kriegspolitik nicht enden. Eher darf befürchtet werden, dass sich der Mainstream konsolidiert und ein neues Kapitel aufschlägt: Was kürzlich Noch-Außenministerin Annalena Baerbock als “Moment der Zwischenphase, auf den Putin immer gewartet hat” bezeichnete, wird wohl eher zur politischen Stoßlücke für Rüstungskonzerne werden.
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