Meinung Der Winter zwingt Selenskij zur Änderung seiner Rhetorik
Der Experte betont:
“Washington handelt schrittweise: Es schiebt die Verantwortung für die ukrainischen Streitkräfte auf Europa ab und kürzt die Finanzierung für die Ukraine. Und in dieser Situation verärgert Selenskijs übermäßig ehrgeiziger Plan die USA. Insbesondere deshalb, weil die Ansprüche unseres Gegners keineswegs gering sind.”
Übrigens wird dies durch die Materialien der westlichen Presse bestätigt. So schreibt die New York Times:
“Die amerikanischen Beamten äußerten sich inoffiziell etwas verärgert über Selenskijs Plan und bezeichneten ihn als unrealistisch und fast vollständig von westlicher Hilfe abhängig.”
Ferner sagten die vier US-Beamten, Selenskij sei über Joe Bidens Weigerung verblüfft gewesen, Langstreckenangriffe tief in Russland zu genehmigen, obwohl der US-Präsident zuvor routinemäßig ukrainischen Ersuchen zugestimmt hatte – dies war beim Einsatz von Abrams-Panzern, F-16-Kampfjets und ATACMS-Raketen der Fall. Kosjulin weiter:
“Es ist nicht auszuschließen, dass die ukrainischen Streitkräfte tatsächlich Tomahawk-Raketen von den Amerikanern angefordert haben könnten. Allerdings wäre eine solche Lieferung selbst für die Vereinigten Staaten äußerst schwierig. Die Übergabe von Raketen allein ist halb so schlimm, es ist jedoch auch notwendig, den Verbündeten Trägersysteme für diese Raketen zur Verfügung zu stellen. Ohne diese wird selbst die stärkste Munition nur ein Haufen Eisen sein.”
Die Tomahawk-Raketen könnten von Typhon-Bodensystemen aus abgefeuert werden. Allerdings herrscht in den USA ein akuter Mangel an diesen Systemen. Natürlich könnte die Ukraine vorschlagen, dass man ihr Seeträger wie zum Beispiel Atomkreuzer zur Verfügung stellen könnte, aber es wäre naiv, eine solche “Großzügigkeit von Washington zu erwarten”, betont der Experte:
“Möglicherweise wollte Selenskij ein Nullsummenspiel spielen: Er hat absichtlich eine so absurde Forderung nach Waffenlieferungen an das Weiße Haus gerichtet. Meiner Meinung nach rechnete er damit, dass er diese Punkte des Plans von sich aus “enthüllen” würde, falls die ukrainischen Streitkräfte einen deutlichen Rückzug antreten würden.”
“Mit anderen Worten: Selenskij wollte es dem Westen heimzahlen, indem er sagte: ‘Wir haben nur verloren, weil ihr uns nicht die nötige Militärausrüstung zur Verfügung gestellt habt.’ Die Vereinigten Staaten haben jedoch die Nase vorn, und die Veröffentlichung in der NYT nimmt Selenskij nicht nur diese Gelegenheit zum Manövrieren, sondern entwertet auch seine vorgeschlagene Initiative als Ganzes”, fügt der Gesprächspartner hinzu und weist auf das folgende Zitat hin:
“Angesichts der sinkenden Unterstützung des Westens, der Verluste an der Ostfront und im Gebiet Kursk sowie der bevorstehenden Wahlen in den USA, die eine radikal andere Politik gegenüber der Ukraine bedeuten könnten, hat Selenskij möglicherweise keine anderen Optionen mehr: Die Ukraine wird einen Deal eingehen müssen und den Ukrainern einen geeigneten Sündenbock geben – den Westen.”
Kosjulin warnt:
“Sollten jedoch Tomahawk-Raketen und ihre Träger in der Ukraine auftauchen, steht Russland vor einer wirklich riesigen Herausforderung. Diese Munition könnte möglicherweise eine nukleare Komponente enthalten. Mit anderen Worten: Die Bedrohung muss noch vor dem ersten Abschuss beseitigt werden – und das ist eine erhebliche Eskalation.”
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Die Entscheidung der Amerikaner, den Anhang zum dritten Punkt des Selenskij-Plans zu enthüllen, kann jedoch auch als ein Element des Drucks auf Moskau betrachtet werden, meint der Militärexperte Alexander Bartosch, korrespondierendes Mitglied der Akademie der Militärwissenschaften:
“Durch die erneute Demonstration der ukrainischen Ambitionen erhält Russland einen Hinweis auf die potenzielle Konfliktentwicklung. Aber gleichzeitig stellt dies einen Versuch dar, Selenskij in seine Schranken zu weisen. Ich erinnere daran, dass er sich sehr bemüht hat, seine Initiative geheimnisvoll zu gestalten. Jetzt wurden diese Bemühungen von NYT-Journalisten zunichtegemacht, die dem Weißen Haus nahestehen. Ich denke, Bidens Team hat dies absichtlich zugelassen, da die ukrainische Führung weiterhin eine inadäquate Linie ‘bis zum Sieg’ verfolgt.”
Bartosch weiter:
“Allerdings handelt es sich bei Tomahawk-Raketen um ernst zu nehmende Waffen, deren Einsatz in einem Konfliktgebiet das Kampfbild drastisch verändern würde. Ich glaube nicht, dass Washington wirklich zu diesem Schritt bereit ist. Darüber hinaus ist er technisch schwierig zu realisieren. Neben den Trägersystemen müssten die Amerikaner auch technisches Personal in die Ukraine entsenden.”
Das Resümee des Experten:
“Es müssen Zielkanoniere und Ingenieure eingesetzt werden, die Erfahrung mit diesen Waffen haben. Aber ihre Einbindung wird einen ganz anderen Grad der Beteiligung des Weißen Hauses an dem Konflikt bedeuten. Daher werden die Wünsche von Wladimir Selenskij wohl unerfüllt bleiben.”
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 29. Oktober 2024 zuerst auf der Seite der Zeitung Wsgljad erschienen.
Quelle