Quelle: www.globallookpress.com Was hat der US-orientierte AfD-Flügel vor? Erst Höcke ausbooten und dann Chrupalla? (Symbolbild)
Von Astrid Sigena
In einem am Sonntagmittag erschienenen Artikel konstatiert die Bild der durch das Gespräch mit Elon Musk gestärkten AfD-Vorsitzenden Alice Weidel, sie habe in Verein mit ihrem Kollegen Tino Chrupalla den “ultrarechten Strippenzieher” Björn Höcke auf das Niveau eines “Landesvorsitzenden aus der Provinz” zurückgestutzt. Und dies trotz seines Wahlerfolgs bei den Landtagswahlen in Thüringen, die ihm eigentlich Hoffnungen auf eine größere Rolle innerhalb der Partei gemacht hätten.
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Die Strategie, die Höcke “ins Leere laufen lassen” soll, setze dabei auf verteilte Rollen: “Chrupalla gibt im Osten konsequent den Russland-Versteher und Friedensengel, Weidel bespielt die West-Landesverbände, welche die ‘Affenliebe der Ossis zu Putin’ (so ein westdeutscher Landesvorsitzender) argwöhnisch beäugen. Dazwischen bleibt für Höcke kaum noch Platz”, erläutert Bild -Journalist Michael Deutschmann. Durch die Neugründung der als Höcke-affin bekannten AfD-Jugendorganisation “Junge Alternative” verliere der umstrittene Thüringer AfD-Politiker seine Hausmacht, so die Bild -Analyse. Höcke ist damit offenbar zumindest vorläufig aus dem Spiel.
Weiterhin zum mutmaßlich ausgebooteten Höcke steht offensichtlich der Schnellrodaer Verleger und intellektuelle Impulsgeber der deutschen Rechten, Götz Kubitschek, der am Riesaer Parteitag als Gast teilnahm und vom ARD -Journalisten Gabor Halasz im Gespräch mit Höcke gesichtet wurde. Er sieht in der Entdämonisierung der AfD durch den Trump-Gehilfen Musk auch eine verführerische Gefahr: Alice Weidel könne durch einen exklusiven Zugang zu Elon Musk geradezu eine Monopolstellung erhalten und dadurch Mehrheiten in ihrer Partei bilden. USA-kritische Stimmen in der AfD, die auf eine Annäherung an Russland setzen, könnten es in der Zukunft schwerer haben, Gehör zu finden. Kubitschek kritisiert auch, dass aus Moskau zu wenig Unterstützung für die AfD kam. Damit meint er ganz sicher nicht Geldzahlungen – wie das der mediale und politische Mainstream so gerne bei den “prorussischen” Parteien AfD und BSW insinuiert –, sondern sozusagen moralische Unterstützung: “Es kam von dort bisher kein klares Wort, kein Angebot, keine experimenteller, öffnender Text.”
Und Kubitschek hat recht: Die bisherigen Annäherungsversuche von AfD und russischen Vertretern sind eher unglücklich verlaufen, was an ihrer Notwendigkeit nichts ändert. Auf beiden Seiten bestehen Hemmnisse, die eine Annäherung erschweren. So besuchten Parteichef Tino Chrupalla und Botschafter Sergei Netschajew im Februar 2023 die Gedenkstätte Seelower Höhen. Dass Tino Chrupalla zwar zusammen mit Botschafter Netschajew die sowjetischen Kriegstoten ehrte, letzterer aber den AfD-Parteichef bei der Ehrung der deutschen Gefallenen stehen ließ (offenbar, weil er diese nicht ehren wollte), sorgte für böses Blut innerhalb der AfD.
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Auch Chrupalla gegenüber Wohlmeinende sahen darin eine Brüskierung. Man hätte sich wohl besser auf einen Gedenkort geeinigt, der für beide Seiten akzeptabel gewesen wäre und bei dem aller Toten gedacht worden wäre. Das Völkerschlachtdenkmal bei Leipzig wäre womöglich so ein Ort gewesen. Auch der deutsch-russische Widerstandskämpfer Alexander Schmorell hätte sich als Symbolfigur wohl besser geeignet, zumal sein Andenken in Russland auch staatlich gefördert wird.
AfD-Abgeordnete, die nach Russland reisen, werden regelmäßig von der Partei abgemahnt oder gerügt. Auch das verhindert engere Kontakte nach Russland, die doch so wichtig wären. Dennoch lassen sich zahlreiche AfD-Politiker nicht abschrecken und treten in russischen Medien auf. Auch der Besuch von Tino Chrupalla (und Alexander Gauland) in der russischen Botschaft anlässlich der 9.-Mai-Feier des sowjetischen Sieges über das damals nationalsozialistisch beherrschte Deutschland zog in Teilen der AfD Unmut auf sich, wenn man den geleakten Chat-Protokollen Glauben schenken darf.
Auch in diesem Fall hätte eine sorgfältigere Kommunikationsstrategie vonseiten Chrupallas die Gegner einer engeren Zusammenarbeit zwar nicht überzeugen, aber der innerparteilichen Kritik immerhin die Spitze nehmen können. Noch Monate später im ARD -Sommerinterview meinte Alice Weidel wohl auch innerparteilich damit punkten zu können, einen Botschaftsbesuch zur 9.-Mai-Feier mit dem Argument abzulehnen, sie wolle nicht die Niederlage des eigenen Landes feiern. Der Tagesspiegel zitiert sie mit den Worten: “‘Dem Tino Chrupalla ist sehr gelegen gewesen, an diesem Empfang teilzunehmen. Ich habe natürlich für mich entschieden – das ist eine persönliche Entscheidung gewesen –, aus politischen Gründen daran nicht teilzunehmen’, sagte Weidel. ‘Also hier die Niederlage des eigenen Landes zu befeiern mit einer ehemaligen Besatzungsmacht, das ist etwas, wo ich für mich persönlich entschieden habe – auch mit der Fluchtgeschichte meines Vaters –, daran nicht teilzunehmen.'”
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Höcke ist jetzt (anscheinend) ausgebootet. Aber auch Tino Chrupalla könnte dieses Schicksal ereilen. In einer transatlantischer orientierten AfD könnten ihm gerade seine Bemühungen um einen freundlicheren Russland-Kurs zum Verhängnis werden. Und im Gegensatz zum offensichtlich wieder in Gnaden aufgenommenen Maximilian Krah hat der Malermeister aus Sachsen keine Verbindungen ins Trump-Amerika, die ihn wertvoll machen könnten. Ohnehin ist Chrupalla schon düpiert worden, wie das Nachrichtenmagazin Spiegel feststellte. Denn der AfD-Co-Vorsitzende wollte eigentlich das Thema Wehrpflicht aus dem Bundeswahlprogramm der AfD heraushalten (RT DE berichtete). Nun kommt die Forderung nach einer Wiedereinführung der Wehrpflicht doch mit in den Wahlkampf.
Wie stark der Trump-Jubel und die Wendung zu einer proamerikanischen Stimmung in der AfD derzeit sind, konnte man auf dem Parteitag in Riesa an einem von Marc Jongen befürworteten, inhaltlich völlig belanglosen Antrag sehen. In dieser Hommage an Donald Trump heißt es:
“Die AfD setzt sich für eine Verbesserung der Beziehungen Deutschlands zu den Vereinigten Staaten ein, deren neue Administration das Ende der Klimaideologie und der Wokeness einläutet. In der neuen US-Regierung sehen wir auch einen starken Partner in unserem Einsatz für Meinungsfreiheit und gegen Internetzensur.”
Offensichtlich ein Ausdruck der Dankbarkeit der einstigen Paria-Partei AfD, dass sie zum Gesprächspartner geadelt worden ist und durch Musk sogar eine US-amerikanische Wahlempfehlung an den deutschen Wähler bekam. Dabei ist Trump noch nicht mal im Amt. Und die Zensur ist zwar gelockert, aber nicht aufgehoben. Die Frage ist auch: Was erhoffen sich Musk (und womöglich Trump) durch diese Aufwertung der AfD?
Meinung Weidel-Musk: Das Wichtige an dem Gespräch war das Gespräch
Den Trump-Huldigern von Riesa könnten bald böse Überraschungen blühen. Denn Trump ist für seine Unberechenbarkeit bekannt. Er hat schon verkündet, nach Grönland greifen zu wollen – notfalls mit militärischen Mitteln. Was, wenn er plötzlich der Meinung ist, dass auch der Besitz der deutschen Insel Helgoland für US-amerikanische Sicherheitsinteressen unabdingbar ist? Oder der Insel Rügen? Notfalls auch mit Gewalt?
Eine völlig unrealistische Vorstellung? Wahrscheinlich! Aber das haben die Dänen vor einiger Zeit sicher auch noch gedacht. Man darf auch nicht vergessen, dass es Trump war, der als erstes Sanktionen gegen Nord Stream 2 einleitete. Noch ist alles offen. Vom eigensinnigen US-Präsidenten in spe sind viele neue Entwicklungen zu erwarten, positive wie negative. Viele Hoffnungen und Erwartungen werden in ihn gesetzt. Es bleibt abzuwarten, ob seine künftigen Ansprüche an die Deutschen (Fünf-Prozent-Ziel der NATO, eventuell eine Friedenstruppe in der Ukraine mit Beteiligung der Bundeswehr) diese überfordern. Dann könnte die neuentdeckte Liebe der AfD zum US-amerikanischen Hegemon schneller verfliegen als erwartet. Und auch Alice Weidel, die Trumps Fünf-Prozent-Forderung bejaht und unter Umständen sogar noch übertreffen möchte, wird ihren Wählern erklären müssen, wie sie dies finanzieren möchte.
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