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Behördenirrsinn: Jobcenter fordert, dass Firma Flüchtlingen mehr bezahlen muss als Deutschen

Behördenirrsinn: Jobcenter fordert, dass Firma Flüchtlingen mehr bezahlen muss als Deutschen

Quelle: Legion-media.ru © RevierfotoZwei arbeitswillige Flüchtlinge bleiben in einer Kleinstadt in Baden-Württemberg arbeitslos, da die Agentur für Arbeit auf die Einhaltung der geltenden Gesetzeslage pocht (Symbolbild)

Bad Waldsee ist eine baden-württembergische Kreisstadt-Idylle in Oberschwaben im Landkreis Ravensburg mit rund 20.000 Einwohnern. Die Schwäbische Zeitung berichtet über einen exemplarischen Fall des Behördenirrsinns in Deutschland. Obwohl zwei Flüchtlinge arbeiten wollten und sich bereits mit einer lokalen Drucktechnikfirma einigen konnten, sorgte der gesetzeskonforme Tunnelblick der zuständigen Behörden – der Agentur für Arbeit und der zuständigen Ausländerbehörde – dafür, dass die Anstellungsabsichten seitens des Unternehmens wieder ad acta gelegt wurden.

Die Geschichte beginnt mit dem Anliegen und der Anfrage einer Flüchtlingssozialarbeiterin aus Bad Waldsee bei der Firma SV Druck GmbH, “einer Tochterfirma der SV Gruppe, zu der auch schwäbische.de gehört”. Zwei ortsansässige Flüchtlinge würden gerne arbeiten, wie in dem Artikel zu lesen:

“Fleißige, leistungsfähige Menschen, die ansonsten arbeitslos blieben und von staatlicher Unterstützung leben müssten.”

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Nach Vorgesprächen waren sich die angefragte Firma und die arbeitswilligen Flüchtlinge schnell einig geworden. Arbeitsbeginn wäre der 1. Februar gewesen, doch dazu kam es nicht. Dazu heißt es einleitend:

“Die Personalabteilung kommt der Bitte im Januar 2025 nach. Beide Flüchtlinge erhalten Arbeitsverträge als Helfer im Versand der SV Druck GmbH. Die Tätigkeiten werden mit dem gesetzlichen Mindestlohn von 12,82 Euro vergütet. Arbeitsbeginn sollte der 1. Februar 2025 sein – und alle waren zuversichtlich: Flüchtlinge, Arbeitgeber, Sozialarbeiterin.” 

Was folgte, kann als Paradebeispiel für die mittlerweile gängige Inflexibilität zuständiger Behörden im Land betrachtet werden. Das Unheil nahm seinen Lauf mit einer Mitteilung der zuständigen Ausländerbehörde. In dieser heißt es:

“Der Beschäftigung wird nicht zugestimmt […], da die Beschäftigungsbedingungen nicht den ortsüblichen Rahmenbedingungen für einen Helfer in der Versandabteilung entsprechen. Die ortsübliche Entlohnung wird bei mindestens 14,00 Euro/Stunde festgemacht.”

Als ob diese Information nicht schon irritierend genug wäre für die Arbeitgeberfirma, heißt es weiter wörtlich im Schreiben androhend:

“Bitte beachten Sie, dass die Aufnahme der Beschäftigung trotz versagter Beschäftigungserlaubnis strafrechtlich geahndet werden kann.”

In der Zusammenfassung des gefürchteten Behördenchaos im Land heißt es seitens der zuständigen Landratsamtssprecherin auf Nachfrage der Schwäbischen Zeitung:

“Bei Personen, welche sich in einem laufenden Asylverfahren befinden, muss unser Amt für Migration und Integration die Bundesagentur für Arbeit insofern beteiligen, dass deren Zustimmung zur beabsichtigten Beschäftigung eingeholt werden muss. Die Bundesagentur für Arbeit hat die Zustimmung jedoch versagt. Die Ausländerbehörde hat keinerlei Einfluss auf die Entscheidung der fachlich nicht weisungsgebundenen Bundesagentur für Arbeit.”

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Die “irritierte” Personalabteilung der SV Druck GmbH erklärte gegenüber der Zeitung, dass “faktisch alle Versandhilfstätigkeiten mit dem gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von 12,82 Euro brutto vergütet werden”. Und weiter laut Artikel:

“Würde man die Flüchtlinge zum geforderten Mindestlohn von 14 Euro pro Stunde einstellen, würden sie mehr verdienen als deutsche Kollegen. Mögliche Folge natürlich: Die Mitarbeiter reden irgendwann über ihre Gehälter – und deutsche Kollegen könnten nicht verstehen, warum Flüchtlinge für die gleiche Tätigkeit einen höheren Stundenlohn beziehen.”

Die schlussendliche Konsequenz in diesem Fall bedeute daher bedauerlicherweise für die Firma und die beiden arbeitswilligen Geflüchteten, dass die Verträge “mit den Flüchtlingen jetzt gekündigt wurden – noch vor dem ersten Arbeitstag –, um keinen Unfrieden ins Unternehmen zu tragen”, so der Artikel erläuternd.

Zur wesentlichen Frage, wie die Bundesagentur für Arbeit (BA) “den geforderten Mindestlohn von 14 Euro in Weingarten berechnet” habe, teilt eine Sprecherin nach Anfrage der Zeitung dazu mit:

“Bei Ermittlung des ortsüblichen Lohns wird auf repräsentative und belastbare Quellen abgestellt, dazu gehören u. a. der Entgeltatlas oder beispielsweise der Tarifvertrag der Zeitarbeit (IGZ).”

Es stelle sich zudem die Frage, warum sich die Bundesagentur für Arbeit “über den gesetzlichen Mindestlohn hinwegsetzen darf – und selbstständig Stundenlöhne in der freien Wirtschaft festlegen kann”. Die Ausgangslage für das Druckunternehmen lautet dementsprechend:

“In diesem Entgeltatlas scheinen bei der SV Druck GmbH faktisch bezahlte Löhne von 12,82 Euro jedoch nicht einzufließen. Auch nicht die zum Lohn hinzukommenden Nachtzuschläge von 25 Prozent ab 20 Uhr bzw. 40 Prozent ab 0.00 Uhr, mit denen die Flüchtlinge – wie auch die übrigen Mitarbeiter, die dort abends und nachts arbeiten – auf einen Stundenlohn von weit mehr als 14 Euro kommen würden.”

Eine BA-Behördensprecherin erklärte schriftlich zu diesem Fall, dass ihre Behörde “zur Prüfung der Arbeitsbedingungen in allen Fällen einer Zustimmungsanfrage gesetzlich verpflichtet” sei, dies anscheinend unverrückbar “geregelt in § 39 Aufenthaltsgesetz 2.

Quelle

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