Meinung

Der kommende Zensurkampf zwischen Trump und der EU

Der kommende Zensurkampf zwischen Trump und der EU

Quelle: www.globallookpress.com © Shealah CraigheadLange her: Ursula von der Leyen und Donald Trump, 21.01.2020

Von Dagmar Henn

Interessanterweise erfolgten die beiden Schritte fast zeitgleich: am 20. Januar, am Tag seiner Amtseinführung, erließ Donald Trump das Dekret “Die Redefreiheit wiederherstellen und die Bundeszensur beenden”, während die EU-Kommission einen neuen “Verhaltenskodex für die Bekämpfung illegaler Hassreden im Internet+” in ihr Zensurgesetz über digitale Dienste einarbeitete. Und auf die eine oder andere Weise werden diese beiden Entwicklungen hart kollidieren.

Der kommende Zensurkampf zwischen Trump und der EU

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Der “Verhaltenskodex” firmiert als freiwillige Zusage großer Internetplattformen, wobei man die Freiwilligkeit durchaus fundiert anzweifeln kann – schließlich sind da massive Strafen, die die EU verhängen kann, bis zu sechs Prozent des globalen Umsatzes, und außerdem behalten sich die Brüsseler Herrschaften vor, Plattformen für die EU gänzlich zu sperren.

Die Neuerungen, die diese Version des Verhaltenskodex beinhaltet, bedeuten vor allem eine ausgeweitete externe Kontrolle. Es werden “Berichterstatter” (im englischen Original “monitoring reporters”) eingeführt, die regelmäßig überprüfen sollen, ob sich die Plattformen auch an die Vorgaben halten. “Zu den Berichterstattern können auch Einrichtungen gehören, die im Rahmen des Gesetzes über digitale Dienste als “vertrauenswürdige Hinweisgeber” [engl. “trusted flaggers”] benannt wurden.”

Der bisher einzige deutsche “vertrauenswürdige Hinweisgeber” ist REspect!; eine Meldestelle, die “berät und unterstützt bei Hass im Netz”, sprich, wo jedermann – auch anonym – Inhalte im Internet melden kann, die vermeintlich die Kriterien von “Hassrede” erfüllen.

REspekt benennt auf seiner Webseite auch die Ergebnisse der Tätigkeit: Seit 2017 seien dort 83.450 Meldungen eingegangen, die zu 23.304 Anzeigen führten. “Was uns verbindet, ist der gemeinsame Einsatz für einen besseren Umgang miteinander im Internet sowie die Arbeit gegen Hetze, Verschwörungserzählungen und Fake News.” Finanziert wird diese Tätigkeit von den Sozialministerien von Baden-Württemberg und Bayern, dem Bundesfamilienministerium und der bayerischen Staatsregierung.

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Es klingt wie eine Ausnahmeregel, aber es dürfte die Norm werden, dass ebenjene Stellen, die für den regelmäßigen Nachschub an Anzeigen sorgen, auch dafür zuständig werden, zu überprüfen, ob die Plattformen ja brav genug zensieren.

Im Oktober hatte ausgerechnet ein “Faktenfinder” der ARD, Pascal “pflanzenförmiger Sprengstoff” Siggelkow, anlässlich der Zertifizierung von REspect! versucht, Bedenken, es handele sich um “staatliche Zensur”, zu zerstreuen:

“Die von den Trusted Flaggern gemeldeten Inhalte müssen von den Online-Plattformen laut DSA “vorrangig behandelt und unverzüglich bearbeitet und einer Entscheidung zugeführt werden.” Anders als von Nutzenden in den Sozialen Netzwerken zum Teil behauptet, bedeutet das jedoch nicht, dass die Online-Plattformen diese gemeldeten Inhalte auch direkt löschen müssen.”

Man müsse, so sein Argument damals, etwa bei Beleidigungen den Kontext betrachten; die Meldungen von den “vertrauenswürdigen Hinweisgebern” sollten nur bevorzugt behandelt werden. Da gebe es aus gutem Grund keine Zeitvorgaben.

Nun, diese Aussage war nicht lange haltbar. Von den Meldungen der Berichterstatter, die dann auch die Umsetzung überwachen, die auch “vertrauenswürdige Hinweisgeber” sein können, sind nach der neuen Version “innerhalb von 24 Stunden mindestens zwei Drittel (…) zu überprüfen”.

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“Instrumente der automatischen Erkennung”, also Algorithmen, die auf Stichwörter oder Bildfragmente hin löschen (und beispielsweise regelmäßig Bilder herausfangen, die die Existenz ukrainischer Nazis belegen), werden verpflichtend. Ebenso wie eine “strukturierte Zusammenarbeit verschiedener Interessenträger mit Sachverständigen und Organisationen der Zivilgesellschaft”, unter denen man sich dann so freundliche Einrichtungen wie die Amadeu-Antonio-Stiftung vorstellen darf.

Das Ganze soll dann hübsch verpackt in einer Statistik dargestellt werden, länderweise und aufgeschlüsselt nach den verschiedenen Geschmacksrichtungen von “Hassrede”. Nachdem als Grundlage immer die Gesetzeslage der jeweiligen Länder dient, schlägt sich natürlich jeder Schritt einer weiteren Verschärfung dort sofort in den Eingriffsvorgaben nieder. Ich sage nur “Schwachkopf”.

Das Personal, das in Brüssel die Umsetzung des DSA (und damit natürlich auch des Verhaltenskodex) überwacht, wird im Zusammenhang dieser weiteren Verschärfung von 100 auf 200 Personen verdoppelt.

Alle Verhaltensweisen, die sowohl in den nationalen Vorschriften zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses als auch in anderen nationalen Rechtsvorschriften als Hassreden definiert sind, stellen Hassreden im Sinne des Kodex dar, heißt es in der Presseerklärung der Kommission zu dieser neuen Änderung. Nun ist Hassrede in Deutschland keine juristische Kategorie. Aber man weiß ja inzwischen, welche Paragrafen da genutzt werden: die bekannte Volksverhetzung, Beleidigung etc., die natürlich auch immer weiter ausgedehnt wurden, zuletzt im Zusammenhang mit dem Genozid in Gaza, den man schon nicht Genozid nennen darf, weil das dann antisemitisch ist … Nun, die “Schwachkopf-Schutzregeln” eben. Mit den ebenso bekannten Ausnahmen, weil es immer zulässig blieb, gegen Russen zu hetzen.

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Wie auch immer, die Gleichzeitigkeit mit Trumps Dekret dürfte durchaus interessant werden:

“Während der letzten vier Jahre hat die vergangene Regierung die Redefreiheit mit Füßen getreten, indem sie die Rede von Amerikanern auf Online-Plattformen zensiert hat, oft, indem beträchtlicher Druck auf Dritte ausgeübt wurde, wie auf Social-Media-Unternehmen, Rede, die der Bundesregierung nicht zusagte, zu moderieren, von der Plattform zu entfernen oder anderweitig zu unterdrücken. Unter dem Vorwand, “Misinformation”, “Disinformation” und “Malinformation” zu bekämpfen, beschränkte die Bundesregierung die verfassungsrechtlich geschützte Redefreiheit amerikanischer Bürger in den ganzen Vereinigten Staaten in einer Weise, die das von der Regierung bevorzugte Narrativ über wichtige Themen der öffentlichen Debatte beförderte.”

Das kommt einem auf unheimliche Weise vertraut vor, oder? Man muss sich nur an die Reaktionen auf jede Art abweichender Meinung zu Corona erinnern.

Nun wird es witzig. Das Dekret verlangt sicherzustellen, dass kein Beschäftigter der US-Bundesregierung auf eine Weise handelt oder Handlungen begünstigt, die die Redefreiheit der US-Amerikaner einschränkt. Es dürfen keine Steuermittel dafür aufgewandt werden, und frühere Verstöße sollen identifiziert und korrigiert werden.

Mehr noch, das Justizministerium wird beauftragt, derartige Handlungen zu untersuchen, dem Präsidenten darüber zu berichten und “Empfehlungen für angemessene Maßnahmen” zu geben – was durchaus auch Strafverfahren sein könnten.

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Was natürlich interessante Probleme schafft. Unter der Biden-Regierung war das alles für die EU einfach; die US-Regierung machte die gleichen Zensurvorgaben, die auch die EU zusammenschusterte. Aber wie soll das funktionieren, wenn sich beides in die entgegengesetzte Richtung bewegt? Schließlich gibt es auf diesen Portalen keine Grenze zwischen den Teilnehmern in der EU und jenen in den USA; viele Nutzer etwa auf Facebook haben “Freunde” auf beiden Seiten des Atlantiks. Wird dann die EU jeden einzelnen Post, der aus den USA kommt, auf Zulässigkeit überprüfen? Wird sie versuchen, das den Plattformen aufzudrücken? Und wie ist das eigentlich, wenn ein US-Bürger, der sich, aus welchem Grund auch immer, gerade auf EU-Grund aufhält, auf einer in den USA ansässigen Plattform etwas postet, das in den USA erlaubt ist, in der EU aber auf Grundlage des DSA zensiert wird? Wird dann bei jedem einzelnen Nutzer ein Filter gesetzt, der die möglichen Leser nach Nationalitäten sortiert?

Besonders lustig dürfte das im Fall neuer Regierungsmitglieder werden. Wenn beispielsweise Robert F. Kennedy Junior auf einer Online-Plattform Informationen in Bezug auf die ganzen Corona-Skandale veröffentlicht, die dann die EU als “Falschinformationen” zensieren will. Es gibt da genug Beispiele aus jüngster Vergangenheit, wie im vergangenen Sommer der Erpressungsversuch des damaligen EU-Kommissars Thierry Breton gegen Musk, als es um die Ausstrahlung seines Gesprächs mit Donald Trump ging.

Auf die eine oder andere Art dürfte das jedenfalls eskalieren. Man könnte schon fast Wetten darauf abschließen. Schließlich sind da noch einige Rechnungen offen, und wenn die ersten Tage der neuen US-Regierung eines gezeigt haben, dann, dass diese Rechnungen auch eingefordert werden.

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Und in diesem Fall geht es nicht gegen einzelne Individuen, die man ganz schnell sperren, löschen und mit Strafverfahren überziehen kann. Was, wenn ein von Donald Trump ernannter Botschafter auf dem Facebook-Account der Botschaft etwas postet, was Ursula von der Leyen ganz und gar nicht gefällt?

Während die EU-Kommission sich selbst bejubelte, weil sie ihre Zensurmaschinerie noch weiter scharfgemacht hat, hat die Regierung Trump gelassen eine ganze Batterie größerer Fettnäpfe aufgestellt. Und kann jetzt gelassen darauf warten, dass Zensursula und die ihren hineintreten. Egal in welchen. Da dürfte es genug gerissene Anwälte geben, die irgendeinen Trick hervorzaubern, der die Brüsseler Truppe gewaltig ins Schwitzen bringen wird. Mehr noch, die sind mit Sicherheit bereits in Arbeit. Sei es, um sich für die Sache mit Breton zu revanchieren.

Und vielleicht fällt, ganz nebenbei und womöglich nicht einmal direkt beabsichtigt, bei dieser Auseinandersetzung ein bisschen Meinungsfreiheit ab, für die leidgeprüften Untertanen Brüssels.

Quelle

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