Analyse
Vize-Kandidat Tim Walz – Ein Turboliberaler mit biegsamem Gewissen
Dies ist das Ende, von dem aus das ganze Geflecht der politischen Intrigen entwirrt werden muss. Das Münchner Rendezvous wurde übrigens vor zwei Wochen auch in den US-amerikanischen Medien in Erinnerung gerufen und als “alarmierendes” Signal für Kiew bezeichnet.
In Wirklichkeit war Harris weitgehend von der Außenpolitik abgekoppelt, bis sie aus Gründen der Inklusion mit dem grauhaarigen älteren Biden gepaart wurde. Aber selbst seitdem hat sie sich nur widerwillig mit diesen Themen befasst, was für eine Vize-US-Präsidentin verzeihlich ist. Denn die Vizepräsidentschaft ist eine Position mit fast keiner Autorität und minimaler Verantwortung. Vize-US-Präsidentin Kamala Harris konnte als unabhängiger Akteur weder “Ja” noch “Nein” zu Selenskij sagen; sie konnte nur den Standpunkt des US-Präsidenten, also von Joe Biden, vertreten. Kamala Harris die Schuld zu geben, ist in diesem Fall so, als würde man den Boten für die Überbringung schlechter Nachrichten verantwortlich machen.
Diese Schönfärberei wurde in den Vereinigten Staaten, so muss man meinen, für den gegenteiligen Zweck gebraucht – nicht als Kritik, sondern als Lob für Harris. In den vergangenen zwei Jahren haben Leute wie Donald Trump und Tucker Carlson viele US-Amerikaner davon überzeugt, dass Selenskij zu viel bekommt und zu gutbürgerlich lebt. Die Herausforderung besteht also darin, Kamala als jemanden zu präsentieren, der weiß, wie man “Nein” zur Ukraine sagt, und dabei wird eine künstliche Infoprovokation als Grundlage genommen.
Die Propagandageschichte gelangte dann nach Großbritannien und zu The Telegraph, wo sie aus individuellen Gründen ernst genommen werden konnte. Zum Beispiel hat der Autor der Story einen ziemlich angelsächsischen Vornamen, aber einen absolut ukrainischen Nachnamen. Offenbar macht er sich Sorgen um die Seinigen, oder um den Hype, oder gleich um beides zusammen. Am Ende wird die Vizepräsidentin der Vereinigten Staaten verdächtigt, eine Verräterin zu sein.
In einer wahrscheinlicheren Zukunft unter US-Präsidentin Harris (und ihre Chancen auf die US-Präsidentschaft sehen bisher günstiger aus als die von Trump) wird die US-Außenpolitik dem Clinton-Clan überlassen, der die Ukraine nicht besonders mag, aber Russland wirklich hasst, sodass er Kiew weiterhin beliefern wird, um Moskau maximalen Schaden zuzufügen, bis die Ukraine völlig ausgelöscht ist. Ein trauriges Schicksal, aber das ist genau das, was Selenskij will, also sollte er zufrieden sein.
Es ist auch wahrscheinlich, dass der US-Senat eine größere Rolle in der Außenpolitik spielen wird, wie es immer der Fall war, wenn ein US-Präsident ohne eigenes diplomatisches Team und Erfahrung in der internationalen Politik an die Macht kam. Die Stimmung im jetzigen US-Senat ist aggressiver als im Weißen Haus unter Joe Biden: Wenn die Forderungen der US-Senatoren umgesetzt werden, werden die Sanktionen bis zu einer vollständigen Handelsblockade verschärft, und Kiew wird die lang erwartete Erlaubnis erhalten, Langstreckenraketen auf russisches Territorium abzufeuern.
Selbst für den unmöglichen Fall, dass Harris all die Jahre eine Russophile und Pazifistin war, dürfte ihre Enthüllung in dieser Eigenschaft den US-Senat, das Pentagon, die Verteidigungslobbyisten und andere “Hunde des Krieges” nicht beeindrucken. Ein solcher Anlass ist aber auch nicht zu erwarten: Obwohl ihre Feinde Kamala oft vorwerfen, dass sie ihre Position häufig ins Gegenteil ändere und prinzipienlos sei (ihre Lobredner nennen dies “die Fähigkeit, aus Fehlern zu lernen”), ist selbst sie dennoch nicht so feige, dass sie so etwas tun könnte. Zum Beispiel, um Selenskij einen Korb zu geben und ihm zu raten, auf Knien nach Moskau zu kriechen und um Gnade zu flehen.
Es gibt nur einen Grund zu glauben, dass Kamala so handeln könnte. Der Telegraph dreht sich im Kreis, ohne sich an ein wirklich wichtiges Argument zu wagen: Die Konfrontation mit Russland in der Ukraine ist unter anderem ein persönliches Projekt von Biden Senior, nicht nur als Politiker, sondern auch als Pate.
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Joe Biden beaufsichtigte die Ukraine während der Amtszeit von Barack Obama, das heißt während des Euromaidan, der Wiedervereinigung der Krim mit Russland und des Beginns des Krieges im Donbass. Aber noch wichtiger ist, dass die Ukraine einer der Orte ist, an denen sein Clan gutes Geld verdient und ausreichend Unheil angerichtet hat, um nun aufmerksam seine schmutzige Wäsche zu hüten. Dies ist eine Hauptstory, die auf die Enthüllung über Hunter Biden folgte.
Kamala ist so weit wie möglich von diesem Geschehen entfernt, sie hat sicher keine Leichen in ukrainischen Kellern und wird Kiew wohl kaum schnell auf einer Landkarte finden können. Damit Selenskijs Ukraine im Meer ihrer Gleichgültigkeit ertrinkt, müssen die Lobbyisten der Rüstungsindustrie, die Falken des Pentagons und die Russophobiker im US-Senat für lange Zeit von irgendetwas abgelenkt werden.
Wenn sich am Ende herausstellt, dass das gesamte Ukraine-Projekt, die Konfrontation mit Russland und der zweite Kalte Krieg in Wirklichkeit auf rein mafiösen Interessen des Biden-Clans beruhten, und bei der Beseitigung seines Schemas die gesamte Konstruktion zusammenfällt, dann ist die US-amerikanische Elite noch verrotteter, als man sich in Russland gemeinhin vorstellt.
Vielleicht wissen die Briten ja etwas.
Übersetzt aus dem Russischen. Der Artikel ist am 18. August 2024 zuerst auf der Website der Zeitung Wsgljad erschienen.
Quelle