Quelle: www.globallookpress.com Der russophobe Politiker Roderich Kiesewetter ist ein gefragter Medien-Gast (Symbolbild)
Von Wladislaw Sankin
Anfang der letzten November-Woche war es in Deutschland ereignisreich. Den Auftakt gab der preisgekrönte Osteuropa-Historiker Karl Schlögel bereits am Wochenende. “Russland ist der Feind und wir sind in einer Kriegssituation”, sagte er in einem dpa-Interview – nahezu alle Medien übernahmen diese Aussagen. Zwar ist Schlögel kein Partei-Funktionär oder Regierungsbeamter, er ist “nur” ein für seine “kreative” Wortschöpfungen bekannter Intellektueller – ein weiterer typischer Schlögel-Satz, den er im gleichen Text mitliefert, beschreibt Putin etwa als einen Choreografen, der die Ängste seiner Gegner meisterhaft bespiele. Allerdings ist er Träger des Bundesverdienstkreuzes und seine schon gewohnten Hass-Tiraden gegen Putin und Russland, egal wie reißerisch sie erscheinen mögen, sind Maßstab.
Dann stürzte in der Nacht zum Montag ein DHL-Flugzeug kurz vor der Landung in Litauen ab, ein Besatzungsmitglied starb. Sofort sprachen einige von russischer Sabotage als mögliche Ursache des Absturzes. Der CDU-Verteidigungspolitiker Roderich Kiesewetter fasste diese Stimmen in einem X-Kommentar zusammen. Er schrieb:
“Sabotage durch Russland würde in den Modus operandi passen. Russland sieht uns als Kriegsziel, ob wir das wollen oder nicht. Grds. sind deshalb Konsultationen nach Art. 4 angezeigt, denn Russlands Terror in Europa nimmt zu, es ist ein Vorkriegszustand und wir müssen überlegen, ob wir immer näher an die Frage eines Spannungsfalls kommen.”
Seinen Beitrag veröffentlichte der Politiker um 15:30 Uhr, also zu einer Zeit, zu der längst die Stimmen der litauischen Ermittler zu vernehmen waren. Diese waren völlig konträr zu Kiesewetters Einschätzung. Verteidigungsminister Laurynas Kasčiūnas erklärte am Montag vor Reportern: “Bisher gibt es keine Anzeichen, keine Fakten, dass es sich um Sabotage oder einen terroristischen Akt handelt, wenn wir von einer äußeren Einwirkung auf das Flugzeug sprechen”.
Mein Bedauern für die Crew & Familien des Flugzeugabsturzes von #DHL. Es gilt die Ursachen rasch aufzuklären, nichts auszuschließen. Sabotage durch Russland würden in den modus operandi passen. Russland sieht uns als Kriegsziel, ob wir das wollen oder nicht. Grds. sind deshalb…
— Roderich Kiesewetter🇪🇺🇩🇪🇮🇱🇺🇦 (@RKiesewetter) November 25, 2024
Auch der litauische Politikwissenschaftler Nerijus Maliukevičius äußerte sich ähnlich: “Wir dürfen in diesem Fall nicht von einer nachgewiesenen russischen Einmischung sprechen. Das Wichtigste ist, dass wir alles sehr gründlich untersuchen, aufklären und Schlussfolgerungen ziehen”. Er schätzt die Frage einer russischen Beteiligung sicherheitspolitisch als äußerst brisant ein.
“Solche Fragen stellen sich natürlich, und wenn sich eine solche Version bestätigen würde, wäre das eine Verlagerung der Spannungen von der ukrainischen Front auf die europäische, westliche Front”, sagte er.
Das, was Kiesewetter in aller Öffentlichkeit herausposaunt, deuten die Litauer mit höchster Vorsicht lediglich an. Die Provokation des im Dienste der CDU stehenden Oberst a. D. wurde auf X direkt als solche entlarvt und von anderen Nutzern scharf kritisiert. Die Leute sind wütend auf den Kriegstreiber. Eine kleine Auswahl der meistgelikten Kommentare unter den Echtnamen liefert ein klares Bild:
“Widerlich, wie sie ein Unglück sofort für ihre Agenda ausnutzen! Wäre ich ein Angehöriger, würde ich Ihnen ins Gesicht spuken!”, schreibt Wilfried Schmied.
“Die Unfallursache steht noch nicht mal ansatzweise fest, aber es war schon wieder der Russe. Ihr seid nur noch abartig”, schreibt Kap. Karsten a.D.
“Das ist für mich Kriegstreiberei in sehr hohem Niveau! Ich denke, man sollte ohne Beweise, ganz kleine Brötchen backen! …. Ihr würdet Deutschland in einen Krieg führen, für wen? Ich sehe Deutschland in der Realität noch nicht von Russland bedroht oder hat da bei dir schon etwas eingeschlagen?”, schreibt Tom Dreb.
Der Vorwurf der Kriegstreiberei ist nicht übertrieben. Denn der von Kiesewetter ins Spiel gebrachte Spannungsfall ist laut Grundgesetz nichts anderes als die Vorstufe eines Verteidigungsfalls. Beide Szenarien sind Teil eines Ganzen, denn sobald ein Spannungs- oder Verteidigungsfall ausgerufen wurde, kann es zu einer Teil- oder gar Generalmobilmachung kommen.