Meinung
Geht es auch um Kriegsbeute? Ministerin Lambrecht und die deutsche Führungsrolle
Der eine ist eine beiläufige Formulierung, die erkennen lässt, dass selbst das schlimmste menschliche Leid nicht zu ihm durchdringt und dass er jedes Verbrechen verleugnet, wenn er es nicht sehen will. Seine Art, vom israelischen Feldzug gegen die Zivilbevölkerung in Gaza zu sprechen, jagt kalte Schauer über den Rücken. Er nennt es “die Auseinandersetzung um die Terrorattacken der Hamas”.
Klingbeil, der, kaum war er den Jusos entwachsen, von der Parlamentarischen Linken in den Seeheimer Kreis wechselte, tut sein Bestes, um jede Hoffnung zu zerschlagen, dass sich die deutsche Lage bessern könnte, wäre das Thema Ukraine endlich vom Tisch und wären die Vereinigten Staaten anderweitig beschäftigt. Denn eigentlich passt ihm das gut ins Konzept, ganz nach Steinmeiers Ansage im Jahre 2015, nach der Deutschland Europa führen müsse, um die Welt zu führen. Es gibt Politiker, die die ganze durch die Politik der letzten Jahre ausgelöste Deindustrialisierung und Verarmung im Interesse der USA mittragen, weil sie kein Rückgrat besitzen und vor den Vereinigten Staaten im Staub kriechen. Klingbeil gehört zu einer anderen Sorte. Er wetzt derweil in aller Ruhe das Messer und wartet auf den Moment, an dem diese Vereinigten Staaten aus dem Spiel aussteigen. Denn dann, das kann man merken, wenn man ihm aufmerksam zuhört, käme die deutsche Stunde. Nicht für die Bevölkerung, die ist schließlich dafür da, die Kosten zu tragen, die soll sich schon einmal daran gewöhnen, Gold für Eisen zu geben. Aber für Klingbeils Variante Sozialdemokrat, die sich schon im ersten Weltkrieg für den besten aller wilhelminischen Krieger hielt.
Als Ronzheimer ihn fragt, ob “Europa mit Deutschland als Führungsmacht die USA in der Ukraine ersetzen” könne, erwidert Klingbeil:
“Das ist ja ein Krieg, der in Europa stattfindet, und deshalb kann die Frage, ob wir das können, sich gar nicht stellen, sondern es wird so sein, dass wir das dann müssen.”
Eigentlich würde sich eine ganz andere Frage stellen, sobald die Ukraine verloren hat und die USA das tun, was sie in diesen Fällen immer tun, nämlich sofort vorgeben, mit nichts jemals etwas zu tun gehabt zu haben, schon gar nicht mit einer Niederlage. Und es gibt mit Sicherheit viele, die darauf hoffen, dass sich nach einer Runde Katzenjammer in Deutschland dann eine gewisse Besinnung einstellt und vielleicht endlich die ganz wirklichen deutschen Probleme angegangen werden und womöglich ein Weg gesucht wird, diese bleierne Last der politischen Uniformierung für die NATO wieder abzuschütteln. Klingbeil lässt erkennen, dass all diese Hoffnungen vergebens sind. Denn neben jenen, die schlicht den Vereinigten Staaten hinterher dackeln, gibt es eben auch noch die Klingbeils, die in der angerichteten Verheerung eine gute Gelegenheit sehen, eine ältere Version Deutschlands wieder auferstehen zu lassen.
Gegen Ende gibt sich Klingbeil noch einmal nachdenklich und betont, welche Sorgen ihm die “verdammt hohe Verantwortung” mache.
“Ich glaube, wir sind gerade in einer historischen Phase, auf die man zurückguckt in zwanzig Jahren und sich fragt, hat man damals die richtigen Entscheidungen getroffen und die Weichen richtig gestellt.”
Wenn man Klingbeil genau genug zuhört, kann man diese Frage sofort beantworten: Sie sind falsch gestellt. So falsch, wie es nur irgend möglich ist.
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