Quelle: www.globallookpress.com © Arturo Hernandez Die entführten Amerikaner waren am Dienstag in einer Hütte gefunden worden.
Mitglieder eines mexikanischen Drogenkartells haben offenbar fünf mutmaßliche Handlanger als angebliche Entschuldigung für die Entführung von vier US-Amerikanern an die Behörden ausgeliefert. In einem Schreiben, das angeblich von der Scorpions-Fraktion des mexikanischen Golfkartells stammt, verurteilten die Verfasser die Tat und erklärten, dass die Bande die für die Entführung und den Mord an zwei der vier Amerikaner verantwortlichen Mitglieder zur Wiedergutmachung an die örtlichen Behörden übergeben habe. Das berichtet die Nachrichtenagentur AP unter Berufung auf das Schreiben, das sie von einem Beamten der Strafverfolgungsbehörden des mexikanischen Bundesstaates Tamaulipas erhalten hat.
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“Wir haben beschlossen, diejenigen auszuliefern, die direkt an den Ereignissen beteiligt und dafür verantwortlich waren und die zu jeder Zeit nach ihren eigenen Entscheidungen und aufgrund mangelnder Disziplin gehandelt haben”, heißt es in dem Brief. In jenem bemängelt das Kartell zudem, dass die ausgelieferten Personen gegen die Regeln der Bande verstoßen hätten, zu denen der “Respekt vor dem Leben und dem Wohlergehen Unschuldiger” gehöre.
Die US-Amerikaner waren am Freitag in Matamoros im Bundesstaat Tamaulipas aus noch ungeklärten Gründen von Bewaffneten angegriffen und entführt worden. Zwei von ihnen starben, nachdem Bewaffnete kurz nach ihrer Ankunft in Matamoros am 3. März das Feuer auf die US-Bürger eröffnet hatten. Bei dem Vorfall war zudem eine mexikanische Frau ums Leben gekommen. Auch für jene Tat entschuldigte sich das Kartell in dem Schreiben:
“Das [Golfkartell] entschuldigt sich bei der Bevölkerung von Matamoros, den Angehörigen von Frau Areli und den betroffenen Amerikanern und ihren Familien.”
Die vier Amerikaner waren am Dienstag am Rande der Stadt in einer Holzhütte gefunden worden, berichteten örtliche Medien am Donnerstag. Die Entführer hätten ihnen die Hemden über den Kopf gezogen und sie mit der nackten Brust auf den Boden gelegt. Die Täter waren nach der Entführung unter Druck geraten, weil die US-Bundespolizei FBI eine Belohnung von 50.000 US-Dollar (46.800 EUR) für Informationen ausgesetzt hatte. Die mexikanische Regierung entsandte 200 zusätzliche Soldaten und 100 Nationalgardisten nach Matamoros. Nach Angaben der mexikanischen Behörden sei ein Verdächtiger inzwischen gefasst und inhaftiert worden.
Drogenkartelle sind dafür bekannt, dass sie Kommuniqués herausgeben, um Rivalen und Behörden einzuschüchtern. Aber auch, um nach Vorfällen wie diesem Öffentlichkeitsarbeit zu betreiben und zu versuchen, Situationen zu glätten, die ihre Geschäfte beeinträchtigen könnten. Und die Gewalt vom vergangenen Freitag in Matamoros war schlecht für die Geschäfte der Kartelle. Die Ermordung der Amerikaner führte dazu, dass Truppen der Nationalgarde und eine Spezialeinheit der Armee Patrouillen durchführten, die in der Terminologie der Kartelle “die Plaza aufheizten”, erläuterte der mexikanische Sicherheitsanalyst David Saucedo im Gespräch mit AP :
“Es ist im Moment sehr schwierig für sie, mit dem Drogenverkauf auf der Straße und dem Transfer von Drogen in die Vereinigten Staaten fortzufahren; sie sind die Ersten, die daran interessiert sind, dieses Kapitel so schnell wie möglich zu schließen .”
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Die Bemühungen der Kartelle um Öffentlichkeitsarbeit sind in Mexiko wohlbekannt. In umkämpften Gebieten hängen sie manchmal Banner auf, auf denen Rivalen für die jüngsten Gewalttaten verantwortlich gemacht werden. Dadurch erhoffen sie sich, sich als Bande, die sich nicht mit Zivilisten anlegt, profilieren zu können. Im vergangenen November tauchten solche Plakate, die angeblich vom Kartell New Generation aus Jalisco verfasst worden waren, im Bundesstaat Guanajuato auf. Auf jenen wurde ein Rivale für eine Reihe von Morden in Bars und anderen Geschäften verantwortlich gemacht.
Oftmals ist die Botschaft jedoch unverblümter: Leichen werden mit einem Zettel in einem Fahrzeug zurückgelassen oder an einer stark befahrenen Straße an einer Autobahnüberführung aufgehängt. Das Motiv: Terror. Auch die Übergabe von mutmaßlichen Kartellverdächtigen an die Polizei sind keine Präzedenzfälle. Obwohl die Ermittler den Brief für authentisch halten, bezweifeln mexikanische und US-amerikanische Strafverfolgungsbehörden stark die Aufrichtigkeit der Entschuldigung der Gruppe. Saucedo gab in diesem Zusammenhang zu bedenken, dass ein Kartellführer den Anschlag möglicherweise zwar genehmigt, später aber bereut haben könnte. In einem solchen Fall fungierten die ausgelieferten Kartell-Mitglieder dann als “Opferlämmer” zur Wiedergutmachung.
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Im Jahr 2008 warfen Drogenhändler in Michoacan Handgranaten in eine Menschenmenge. Bei dem Attentat waren acht Menschen ums Leben gekommen. Einige Tage später nahmen die Behörden drei Verdächtige fest. Schnell stellte sich jedoch heraus, dass sie von einem Kartell zuvor entführt und zu den Geständnissen gezwungen worden waren. Das für den Terrorakt verantwortliche Kartell wollte so eine rivalisierende Gruppe belasten.
Unterdessen teilte die Staatsanwaltschaft von Tamaulipas am Donnerstag mit, dass sie einen Krankenwagen beschlagnahmt und eine medizinische Klinik in Matamoros identifiziert habe, in der die Amerikaner nach der Schießerei behandelt worden sein sollen. Die Amerikaner hatten den Ermittlern zuvor erzählt, sie seien in einem Krankenwagen in eine Klinik gebracht worden, um Erste Hilfe zu erhalten, hieß es in der Erklärung. Durch Auswertung von Überwachungsvideos gelang es der Polizei den Angaben zufolge sowohl den von den Opfern beschriebenen Krankenwagen als auch das Hospital zu identifizieren. Das Klinikpersonal soll ersten Erkenntnissen zufolge allerdings in keiner erkennbaren Verbindung zu den Mitgliedern des Kartells stehen.
Die Leichen der beiden bei der Entführung getöteten Amerikaner – Shaeed Woodard und Zindell Brown – sind inzwischen an die US-Behörden übergeben worden. “Ich habe versucht, einen Sinn darin zu sehen und stark zu sein”, sagte Woodards Vater James Woodard am Donnerstag gegenüber Reportern. “Es war einfach ein sinnloses Verbrechen”. Die beiden Überlebenden – Latavia Washington McGee und Eric Williams – kehrten am Dienstag in die USA zurück. Sie werden zurzeit in einem Krankenhaus behandelt.
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