In den vergangenen Wochen haben diplomatische Misserfolge die ukrainische Regierung verfolgt. Eines der Hauptziele, die Einladung in die NATO, rückte keinen Millimeter näher. Der Generalsekretär der Allianz Mark Rutte bestätigte ein weiteres Mal, dass die Ukraine aufgenommen werde, sagte aber nicht, wann genau. Diese Unbestimmtheit treibe Wladimir Selenskij und seine Umgebung in Verzweiflung, schreibt die Zeitung The Telegraph unter Verweis auf Quellen in Kiew.
Das Weiße Haus merkt an, dass es noch keinen Konsens zu dieser Frage gebe und noch “gearbeitet” werden müsse. Nach Angaben der Financial Times wird der Ukraine eine Abmachung vorgeschlagen: Verzicht auf verlorene Regionen gegen ein Einladungsticket. Selenskij gibt sich damit nicht zufrieden, zumal sich niemand mit ihm dazu beraten hat. Freilich versichert der ukrainische Verteidigungsminister Rustem Umerow, dass er nichts Derartiges gehört habe, allerdings “ganz schlimme Sachen tun würde”, falls es geschehen sollte.
“Einen großen Enthusiasmus gibt es weder bei der Sitzung des EU-Rats noch im Hauptquartier der NATO, denn die Lage an der Front ist sehr schwierig, eine riesige Konfliktmüdigkeit hat sich angesammelt”, berichtete Polens Verteidigungsminister Władysław Kosiniak-Kamysz.
Die Bild hebt Deutschlands besondere Position hervor: Bundeskanzler Olaf Scholz hat seine Absage an die Lieferung von Langstreckenraketen bestätigt und bremst gemeinsam mit den USA eine schnelle Einladung der Ukraine in die Allianz aus.
Washingtons Rolle als Kiews wichtigster Verbündeter in der NATO wird im Westen in Frage gestellt. “Wir können nicht erwarten, dass die USA weiterhin die übermäßige Bürde der Unterstützung der Ukraine tragen”, sagte ein ungenannter hochrangiger Beamter der Allianz. Bisher ist Brüssel noch nicht bereit, den transatlantischen Partner abzulösen. Ein speziell für diesen Fall ausgearbeitetes Sonderprogramm soll frühestens Monate nach den Wahlen in den USA gestartet werden.