Elon Musk: Der Maidan 2014 in der Ukraine war “ohne Zweifel” ein Staatsstreich
Die Rede kommt noch einmal auf den ukrainischen Präsidenten. Was erwartet ihn? Die Moderatorin ist besorgt, dass er nach dem Krieg einer gerechten Bestrafung entgehen und auf tropischen Inseln das Leben genießen könnte.
Zarjow kann sie da nicht beruhigen: “Das Leben ist ungerecht.” Alle ukrainischen Präsidenten außer Krawtschuk und Kutschma [Kutschma machte seinen Schwiegersohn Pintschuk zum Milliardär] seien heute Multimilliardäre. Selenskij habe den Jackpot geknackt, jetzt an der Macht mache er “gigantisches Geld”:
“Er hat bereits für sich selbst, für seine Kinder, für die Kinder seiner Kinder und für die Kinder, die von den Kindern seiner Kinder geboren werden, vorgesorgt. Ich denke, es wird ihm gut gehen. Ich bin sicher, das Vereinigte Königreich hat ihm, seinen Familienmitgliedern und seinem gesamten Team britische Pässe ausgestellt.”
Gewiss, fährt Zarjow fort, der Preis dafür seien blutige Hände. Blut klebe an Poroschenkos Händen, nun klebe es auch an den Händen Selenskijs. Aber:
“Dafür wird er sich vor Gott verantworten. Im Diesseits wird er ein tolles Leben haben.”
Welche Fehler hat Russland gemacht?
“Unterschätze deinen Gegner nicht” lautet Zarjows wichtigste Schlussfolgerung, die Russland aus dem bisherigen Kriegsverlauf ziehen müsse. An dieser Stelle schäumt der sonst mit leiser Stimme sprechende, mit allen Wassern gewaschene und stets jedes Wort sorgfältig abwägende Ex-Politiker auf. Er war in den ersten sechs Wochen der Kampagne dabei, fast an der vordersten Linie in den Vororten von Kiew:
“Wie konnten wir mit einer (nur) zweihunderttausend Mann starken Armee in ein großes auf Krieg eingestelltes Land einmarschieren?! Sie befinden sich seit acht Jahren im Krieg mit uns. Das dachten sie und denken sie immer noch. Sie haben vor langer Zeit rechtlich erklärt, dass sie sich in der Region Donezk im Krieg mit der Russischen Föderation befinden. Das war natürlich eine unrealistische Aufgabe für unsere Armee.”
Er fährt fort:
“Als der Krieg begann, musste man kämpfen. Nicht über Verhandlungen nachdenken, sondern darüber, wie wir den Krieg gewinnen. Wenn wir den Krieg gewinnen, wird es einen neuen Status quo geben und alles wird gelöst werden.”
Aber seine Kritik ist fundamentaler: Wie konnte ein Volk, das eine gemeinsame Geschichte, eine gemeinsame Verwandtschaft und alles andere hat, überhaupt in eine Situation geraten, in der sich zwei seiner Teile gegenseitig umbringen? Zarjow denkt an die Zeit zurück, als die USA und der Westen erst begonnen hatten, aus der Ukraine ein antirussisches Instrument zu formen:
“Als die Vereinigten Staaten kamen und ihre Politik begannen, standen sie vor einer unmöglichen Aufgabe. Die Bevölkerung der Ukraine war eigentlich russisch, egal welche Sprache sie sprach. Und sie wollten ein antirussisches Land daraus machen. Was für eine Aufgabe, und wie viel weniger hätten wir uns anstrengen müssen, um zu verhindern, dass das passiert. Leider wurde [durch Russland] nichts unternommen. Während des Maidan war ich stellvertretender Vorsitzender der Regierungsfraktion. Ich organisierte den Anti-Maidan und alles, was mit dem Widerstand zu tun hatte. Ich arbeitete mit dem SBU zusammen, ich arbeitete mit der Polizei zusammen, ich hatte alle Informationen. Ich habe gesehen, wie die Botschafter der USA, der EU-Länder, Großbritanniens und Polens gearbeitet haben. (…) Sie haben eine kolossale Arbeit geleistet.”
Als der Maidan begann, war dem damals schon erfahrenen Politiker klar, dass der sich gegen Russland richtete, dass es dem Westen dabei überhaupt nicht um die Ukraine ging. In Russland sei er jedoch mit seinen Warnungen auf taube Ohren gestoßen:
“Ich bin im russischen Fernsehen aufgetreten und habe gesagt: Hört zu, es gibt bald eine große Katastrophe. Und mir wurde gesagt: Das ist eure Sache, macht das unter euch aus, wir werden euch mit Gas versorgen. Wenn ihr euch gut benehmt, bekommt ihr einen Preisnachlass.”
Zarjow resümiert, es wäre ein fundamentaler Fehler gewesen, dass Russland sich zwei Jahrzehnte lang nicht um die ukrainische Gesellschaft bemüht habe. Es hat mit Politikern und Geschäftsleuten zusammengearbeitet, aber nicht mit den Menschen.
Meinung
Warum wir das aktuelle Regime in der Ukraine als nazistisch bezeichnen
Nach der Katastrophe des Maidan habe Moskau dann im Jahr 2014 “nicht die richtigen Entscheidungen getroffen”. Mittlerweile sei es für jeden offensichtlich, dass der Abschluss der Minsker Vereinbarungen ein Fehler war.
Lage Russlands existenziell bedrohlich wie nie zuvor
Die Fehler vor 2014 und nach 2014 haben Russland nun in eine existenziell bedrohliche Lage geführt, urteilt Zarjow:
“Wir Russen waren noch nie in der Situation, in der wir jetzt sind. Selbst im Krimkrieg [Anm.: Russland hatte den Krimkrieg gegen Großbritannien und Frankreich Mitte des 19. Jahrhunderts mit für sich bitteren Folgen verloren] hatten wir einen Verbündeten: Preußen. Jetzt haben wir gar keine Verbündeten, wir sind allein gegen die ganze westliche Welt. Es ist sehr schwer, diesen Krieg durchzustehen, nicht nur schwer ihn zu gewinnen, schwer sogar, ihn zumindest nicht zu verlieren.”
Einen Lösungsvorschlag hat Zarjow indes auch: Der Krieg müsse ein Krieg des Volkes, ein “Vaterländischer” werden. Doch stattdessen versuchten die Behörden, das Volk von ihm abzuschirmen:
“Da läuft also die militärische Sonderoperation, ich komme nach Moskau und hier sagt man: ‘Es ist weit weg, wir leben hier unser friedliches Leben. Übrigens, wohin sollen wir in den Urlaub fahren, nach Ägypten, in die Türkei oder nach Sotschi? Auf der Krim ist es wahrscheinlich zu gefährlich.’ Mit dieser Einstellung werden wir den Krieg nicht gewinnen.”
Als sein Rezept für einen Sieg benennt Zarjow in einem flammenden Abschlussplädoyer drei unerlässliche Zutaten – Wahrheit, Gleichheit und Verantwortlichkeit:
“Wir hätten den Großen Vaterländischen Krieg [Kampf der UdSSR gegen Nazideutschland im Zweiten Weltkrieg] nicht gewonnen, wenn es keine Verantwortlichkeit gegeben hätte. Alle Führer waren an der Seite des Volkes, die Kinder aller Führer kämpften an der Front, für Fehler wurde man erschossen. Zumindest verlor man für Pfusch seinen Posten. Ohne dieses wird es nicht funktionieren. Wenn es Fehler gibt, müssen sie benannt werden, die Schuldigen müssen benannt und ihrer Ämter enthoben werden. Und das sollte so schnell wie möglich geschehen. Junge Burschen sterben jeden Tag, wir zahlen für jeden Fehler mit ihrem Blut.”
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