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Ukraine bereitet sich auf einen Staatsstreich vor

Ukraine bereitet sich auf einen Staatsstreich vor

Quelle: AP © Efrem LukatskySymbolbild: Ukrainischer Staatschef Wladimir Selenskij am 5. Februar.

Von Wiktor Schdanow

Ebenbürtige Gegner

“Notieren Sie es sich: 26. Oktober dieses Jahres” – so antwortete der ukrainische Ex-Präsident Petro Poroschenko auf die Frage der Journalisten, wann im Lande Wahlen stattfinden werden. Dabei verwies er auf Quellen in Selenskijs Amt. Angeblich werde bereits die Anzahl der benötigten Wahlzettel ermittelt. Kiew wolle gleichzeitig eine Abstimmung für fast alle Verwaltungsorgane durchführen.

Dawid Arachamija, Fraktionschef von Selenskijs Partei “Diener des Volkes”, merkte an, dass eine Wahlkampagne frühestens sechs Monate nach der Aufhebung des Kriegsrechts möglich sei. Dies hatte zuvor die Rada beschlossen.

Poroschenko zählt zu wahrscheinlichen Konkurrenten von Selenskij und zieht daher besondere Aufmerksamkeit auf sich.

In der vergangenen Woche entzog der ukrainische Nationale Sicherheitsrat dem Ex-Präsidenten und Vorsitzenden der Partei “Europäische Solidarität” staatliche Auszeichnungen und Geschäftsvermögen. Sogar seine Bankkarten seien gesperrt worden, weswegen Poroschenko nicht einmal “einen Kaffee an der Tankstelle” kaufen könne. Der ehemalige Präsident hält dies für ein “Verbrechen”, hinter dem das Oberhaupt des Kiewer Regimes stehe.

“Der Auftraggeber, Vollstrecker und Unterzeichner ist ein Mann – Selenskij persönlich”, schrieb Poroschenko auf seinem Telegramkanal.

Poroschenko warf Selenskij vor, “Probleme der Armee” zu ignorieren und “Korruption im großen Stil” zu betreiben. Nach Meinung des Parteichefs der “Europäischen Solidarität” suche Selenskij nach jemandem, dem er die Verantwortung für die eigenen Fehler anlasten kann. Indessen würde die Regierung “an der Kriegslage parasitieren” und ein autoritäres Regime errichten.

“Warum tun sie das? Weil bei ihnen die Wahlen begonnen haben. Nicht bei uns. Bei der Regierung”, schlussfolgerte Poroschenko.

Seine Anhänger haben in der Rada mit Plakaten “Nein zu politischen Repressionen” und “Nein zur Diktatur” die Bühne blockiert. Das Parlament unterbrach seine Arbeit.

Später erklärte Selenskij, dass Sanktionen gegen den Ex-Präsidenten aufgehoben werden könnten, falls er dem Staat die ins Ausland ausgeführten Milliarden übergeben werde.

Ein Schlag mit einem Kompromiss

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Analyse Selenskij hat damit begonnen, politische Konkurrenten auszuschalten

Innerpolitische Streitereien würden die Ukraine zu einer Niederlage führen, sagte Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko. Auch er zählt zu potenziellen Konkurrenten von Selenskij.

Der Ex-Boxer ist der Ansicht, dass die Kampfhandlungen in wenigen Monaten “durch einen schmerzhaften Kompromiss” beendet und ukrainische Politiker unter alten Losungen einen “Vernichtungskampf” antreten werden.

“Ich befürchte sehr, dass es in dieser Hinsicht irgendwelche Unruhen oder, Gott behüte, irgendeine gesellschaftliche Konfrontation gibt. Wir sehen das an der Geschichte von diversen Ländern – nach Kampfhandlungen passierten solche Sachen vor dem Hintergrund der depressiven Stimmung”, führte er aus.

Jüngst versetzte das Präsidialamt Klitschkos nächster Umgebung einen Schlag: acht Personen, darunter Abgeordnete des Kiewer Stadtrats und Vize-Bürgermeister Petr Olenitsch, wurden für die Teilnahme an einem Korruptionsschema verhaftet, das mit der Veruntreuung von städtischen Grundstücken zusammenhing.

“Ich weiß, dass Klitschko ein guter Sportler ist, wusste aber nicht, dass er auch noch ein Redner ist”, reagierte Selenskij auf den Auftritt des Bürgermeisters. Beide hatten schon immer ein schwieriges Verhältnis zueinander. Der Ex-Boxer kritisierte den Präsidenten mehrmals für einen Hang zum Autoritarismus.

Selenskij plante ursprünglich, Klitschko zu entlassen, sieht darin inzwischen aber keinen Sinn, denn viele seiner Befugnisse wurden der Kiewer Militärverwaltung übergeben. Der Bürgermeister wird weiterhin diskreditiert und seine Umgebung unter Druck gesetzt, doch er selbst wird vorerst in Ruhe gelassen werden.

Auch in den Regionen gibt es Menschen, die unzufrieden mit Selenskij sind. So drohte der Bürgermeister der Stadt Borispol, Wladimir Borissenko, der Regierung wegen politischer Verfolgungen große Probleme an. “Anscheinend ist die Regierung krank geworden. Die Lösung ist eine globale Säuberung. Und wenn Militärangehörige das tun würden, wird es Ihnen nicht gefallen, glauben Sie mir”, warnte er.

Der Mehrheit zum Trotz

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Meinung Kiewer Regime – zu korrumpiert, um aufzugeben

“In den meisten demokratischen Ländern werden Wahlen auch zu Kriegszeiten durchgeführt. Ich denke, es ist wichtig, dass sie es tun”, sagte seinerseits der Sonderbeauftragte des US-Präsidenten, Keith Kellogg.

Kiew sei bereit, über die Möglichkeit von Wahlen bis Ende des Jahres zu diskutieren, wenn Donald Trumps Administration diese Frage stellen wird, erklärte Oxana Markarowa, ukrainische Gesandte in Washington.

Der ehemalige ukrainische Diplomat Rostislaw Ischtschenko ist sich sicher: In naher Zukunft sind keine Wahlen zu erwarten. “Gemäß dem Gesetz müssen sie zwei bis drei Monate im Voraus angekündigt werden. Es hängt davon ab, wer gewählt wird. Parlamentswahlen werden zwei Monate im Voraus angekündigt, Präsidentschaftswahlen drei Monate im Voraus. Die zentrale Wahlkommission wird das melden. Bisher legte der Rada niemand einen entsprechenden Gesetzentwurf vor”, führt er im Gespräch mit der Nachrichtenagentur RIA Nowosti aus.

Andererseits reichen die Differenzen zwischen der Regierung und anderen Politikern lange zurück. Gegenwärtig findet eine weitere Eskalation statt. Insbesondere wurden gegen Poroschenko regelmäßig Strafverfahren eingeleitet. Selenskij schlägt ihm vor, sich freizukaufen. Auch Probleme mit Kiews Bürgermeisteramt kommen vom Geld.

“Klitschko klagt seit nunmehr zehn Jahren. Erst über Poroschenko, jetzt über Selenskij. Auch vor ihm wurden Kiews Bürgermeister von Staatschefs angegriffen. Die Präsidenten wollten die Hauptstadt kontrollieren, die Bürgermeister zogen es vor, das städtische Eigentum selbstständig zu veruntreuen. Also ist es hier offensichtlich eine gewöhnliche Frage des Eigentums”, sagt der Experte.

Freilich spüre Selenskij, dass die Wahlen immer näher rücken und dass Klitschko und Poroschenko gegen ihn antreten würden, wenn die Abstimmung unter der Kontrolle des Westens stattfinden wird, fügt der Politologe Alexandr Dudtschak hinzu.

“Zudem versucht Kiew, Loyalität gegenüber Washington zu demonstrieren. Poroschenko gefällt dem US-Präsidenten Trump wohl kaum – er ruft bei ihm keine positiven Assoziationen hervor. Korruptionsskandale des ukrainischen Ex-Präsidenten mit Joe Bidens Familie sind wohlbekannt. Darüber hinaus kontrolliert er einige Vorkommen von Bodenschätzen, an denen das Weiße Haus interessiert ist”, führt der Analytiker aus.

Der Versuch, die ohnehin ideologisch gleichgeschaltete politische Szene der Ukraine zu säubern und damit sein Ende hinauszuzögern, wird Selenskij kaum gelingen. Die USA setzen nicht mehr auf ihn. Trump räumte ein: das Oberhaupt des Kiewer Regimes habe “nicht besonders hohe Zustimmungswerte”, und die Ukraine werde früher oder später “Wahlen benötigen”. Somit könnte eine ganz andere Person Kiew am Verhandlungstisch vertreten. Gerade das schürt Angst beim ukrainischen Präsidialamt.

Übersetzt aus dem Russischen. Zuerst erschienen am 18. Februar bei RIA Nowosti.

Quelle

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