Meinung
Das Atomkraftwerk von Saporoschje und der westliche Irrsinn
Aus offensichtlichen Gründen greifen die russischen Streitkräfte die Kernkraftwerke selbst niemals an. Dies ist jedoch auch gar nicht erforderlich, um sie mal null zu nehmen. Es reicht schon aus, die dazugehörigen Freiluftschaltanlagen zu zerstören oder ernsthaft zu beschädigen: Ohne sie ist die weitere Übertragung der in den Kernkraftwerken erzeugten Elektrizität einfach physikalisch unmöglich. Dadurch kann es zu einem völligen Blackout ganzer Gebiete und sogar Regionen kommen. Denn aufgrund besagter “Inselisierung” ist bereits jetzt keine Umleitung von Strom aus anderen Regionen mehr möglich. Alexander Chartschenko, der Direktor des Energieforschungszentrums der Ukraine, prognostiziert für den kampfhandlungsbedingten Ausfall auch nur einer Freiluftschaltanlage nach Frosteinfall, oder zweier selbst bei dem aktuellen Wetter, Folgendes:
“Dann landen wir sicher im Blackout. Alternativlos. Der größte Teil des Landes könnte dann ohne Strom bleiben.”
Und offenbar war der Angriff der Streitkräfte Russlands auf das ukrainische Energiesystem am 26. August, der auch schon einen Sturm der Resonanz auslöste, tatsächlich nur eine Generalprobe für ein großes Finale – eine Operation “Licht aus”.
Einige Beobachter machten darauf aufmerksam, dass diese “Generalprobe” im Gegensatz zum massiven Angriff im Frühjahr, der auf die eigentlichen Stromerzeugungsanlagen mit Ausnahme der AKW abzielte, dieses Mal gegen Umspannwerke, Verteilanlagen und Hauptstromleitungen gerichtet war. Laut der Karte der betroffenen Objekte wurde dabei gerade ein Szenario ausgearbeitet, bei dem einer ganzen Makroregion “vom Stromzähler getrennt” werden soll.
Und jetzt hat man im Westen offenbar erkannt: Russland hat beschlossen, sich auf eine scheibchenweise “asymmetrische” Annullierung der Ukraine zu konzentrieren. Beim G7-Treffen bekam der Chef des US-Außenministeriums Antony Blinken einen hysterischen Anfall – doch man konnte entnehmen, dass in der Ukraine “der kommende Winter schwierig werden wird”, weil “Putin den Winter als Waffe einsetzt”, also “müssen wir der Ukraine alles geben, um diesen Winter zu überleben”.
Frei nach dem Motto “Darum ist hier für euch mein alter Paypal-Account und ein gebrauchtes Kraftwerk aus Litauen”.
Eines ist jedoch klar: Egal was die Strippenzieher von Kiew tun – der unvermeidliche Zusammenbruch des ukrainischen Energiesektors (und damit des Landes selbst) kann niemand aufhalten. Nicht zuletzt, weil Russland das nicht zulassen wird.
Ja, was wolltet ihr denn auch? Erinnern wir uns daran, was die NATO im Jahr 1999 über die Richtigkeit und Notwendigkeit der Zerstörung des Energiesystems Jugoslawiens gesagt hat.
Der damalige NATO-Sprecher Jamie Shea erklärte:
“Wie Sie wissen, bestand ein neues Merkmal der Operationen der letzten Nacht in Angriffen auf die Stromversorgungssysteme, die die militärische Führung und Kommandoposten der jugoslawischen Armee speisen. Ein Panzer ohne Kraftstoff ist viel weniger nützlich als ein Panzer mit Kraftstoff. Und auf die gleiche Weise verwandelt sich ein Kontrollsystem oder ein Computer in den Händen von Soldaten und Offiziere ohne Strom in eine Masse aus Metall, Drähten und Plastik.”
Der Generalmajor der deutschen Luftwaffe Walter Jertz erklärte:
“Die kumulative Wirkung bestand darin, dass einem großen Teil Serbiens die Stromversorgung vorübergehend verweigert wurde. Diese Angriffe verringern weiterhin die Fähigkeit der Serben, ihren Aggressionsfeldzug fortzusetzen. Ich möchte betonen, dass diese Aktionen sich nicht gegen das serbische Volk richten.”
Wir schwören auf das Pionierhalstuch: Auch Russlands Handeln richtet sich nicht gegen das serbische Volk.
Mit allem anderen sind wir einverstanden, werden uns beste Mühe geben – und schreiben uns dann im Winter noch mal.
Übersetzt aus dem Russischen und zuerst erschienen bei RIA Nowosti am 29. September 2024.
Kirill Strelnikow ist ein russischer freiberuflicher Werbetexter-Coach und politischer Beobachter sowie Experte und Berater der russischen Fernsehsender NTV, Ren-TV und Swesda. Er absolvierte eine linguistische Hochschulausbildung an der Moskauer Universität für Geisteswissenschaften und arbeitete viele Jahre in internationalen Werbeagenturen an Kampagnen für Welt marken. Er vertritt eine konservativ-patriotische politische Auffassung und ist Mitgründer und ehemaliger Chefredakteur des Medienprojekts PolitRussia. Strelnikow erlangte Bekanntheit, als er im Jahr 2015 russische Journalisten zu einem Treffen des verfassungsfeindlichen Aktivisten Alexei Nawalny mit US-Diplomaten lotste . Er schreibt Kommentare primär für RIA Nowosti und Sputnik.
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