Meinung Furcht und Elend des Maidan, oder: Was Olaf Scholz begrüßt, wenn er “Slawa Ukraini” sagt
Wagenknecht schweigt. Eigendorf setzt zu einer Suada an, die eigentlich nach einer psychiatrischen Untersuchung schreit. (Und ich bitte schon vorab um Verzeihung, diese Sätze wiederzugeben, aber es muss sein, weil man sich die ganze Zeit über die schweigende Wagenknecht dazu denken muss und weil sie wichtig sind, um dann zu verstehen, wie tief sie tatsächlich bei diesem Auftritt gesunken ist.):
“Was die Ukrainer in Trump sehen, ist, dass er keine Angst vor Putin hat. Ich glaube, Angst ist ein Faktor, der auch in unserer Debatte viel zu viel Raum eingenommen hat. Gucken wir uns einmal die Fakten an: Wir haben es hier mit einem Regime zu tun, einem Land, das den globalen Frieden massiv gefährdet. Also, ich würde die These aufstellen, eine Welt mit Wladimir Putin kann und ist keine friedliche Welt. Das heißt, das einzige Ziel, was ich erkennen kann, zum jetzigen Zeitpunkt, ist, dass man Russland so weit zermürbt, dass es nicht mehr in der Lage ist, Kriege zu führen. Kriege gegen seine Nachbarn, Kriege in Afrika, Kriege im Nahen Osten, also, es ist ja nicht der einzige Kriegsschauplatz, wo Russland aktiv ist, und deswegen glaube ich, ist die einzige Lösung, Russland muss so weit in die Enge getrieben werden militärisch, und wir sehen ja erste Erfolge, wenn man sich im Moment die wirtschaftliche Lage in Russland ansieht, die wirtschaftlichen Eckdaten sehen nicht gut aus, manche Militärexperten sagen, bis Ende 2025 wird Russland nicht mehr in der Lage sein, den Krieg so weiterzuführen. Wir sehen zum Beispiel, Syrien ist ja auch ein Indikator dafür, wo war denn das russische Militär, das dieses Regime jahrelang an der Macht gehalten hat?”
Ja, Eigendorf reiht eine Aussage, die im Grunde ein Mordaufruf ist, an eine Fantasie, Russland zu zerstören, wirtschaftliche Wahnvorstellungen und Jubel über syrische Kopfabschneider. Sie würde in den Reihen der blutrünstigsten US-Neokons nicht auffallen. Wagenknecht aber greift immer noch nicht an, sagt nicht, dass Eigendorf bei Weitem kein Napoleon sei und selbst der bei dem Versuch, Russland zu “zermürben”, auf Granit gebissen habe. Nein. Sie protestiert nur leise gegen das “Russland zermürben”, nicht damit, dass schon solche Gedanken uns Deutschen nicht anstehen – nur:
“Also, eine zermürbte Atommacht, weiß ich nicht, ob die sich einfach so zurückzieht.”
Meinung Bündnis Sahra Wagenknecht: Kein Erwachen aus dem Albtraum
Was sie danach weiter sagt, ist zum Teil faktisch falsch. Wie die Behauptung, die US-ATACMS-Raketen würden nur im Raum Kursk eingesetzt. Sie hat sich weder selbst kundig gemacht noch sich kundig machen lassen. Sie setzt ganz auf einen “Wir haben alle so viel Angst vor der Bombe”-Pazifismus, dessen Niveau noch unter dem evangelischer Kirchentage Ende der 1980er-Jahre liegt.
Dann lässt sie sich von Lanz in die Enge treiben, der für den Fall eines Einfrierens des Ukraine-Konflikts zusätzliche ukrainische Flüchtlinge androht. Und dann kommt abermals Eigendorf:
“Nicht einmal die Menschen, die in Russland leben, leben in einem Land, in dem Frieden oder Sicherheit herrscht, sondern unter einem Terrorregime, unter dem keiner von uns leben würde. Ich habe selber neun Jahre in Russland gelebt, und ich kann ihnen sagen, in so einem Land möchte keiner Staatsbürger sein.”
Und hier schlägt Wagenknecht endgültig in der untersten Etage auf.
“Ich möchte auch nicht in Russland leben.”
Was zurückbleibt, ist eine eigenartige Enttäuschung. Eigenartig, weil ich nie große Hoffnungen in das Projekt setzte oder in die Person Sahra Wagenknecht, es ihr aber dennoch gelungen ist, selbst meine geringen Erwartungen eines schwachen Rückgrats noch zu enttäuschen. Denn wenn die letzten Jahre mit ihrem galoppierenden Demokratieabbau eines gelehrt haben, dann, dass in politisch kritischen Phasen die persönliche Standhaftigkeit wichtiger sein kann als die absolut richtige Bewertung der Lage (nicht, dass Wagenknecht sie hätte). Das Einzige, was an Wagenknecht Standhaftigkeit signalisiert, ist ihre Frisur, die einst Erinnerungen an Rosa Luxemburg wecken sollte. Ich denke, es ist überfällig, dass sie eine Frisur wählt, die ihr selbst entspricht.
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